Mit Herrn W. von Salzburg nach Nizza. Oder wie Berge Orientierung geben.

Was kommt dabei heraus, wenn ein Top Manager in den Alpen nach der Neuausrichtung  seines Leben sucht? Zumindest ein inspirierendes und gefühlvolles Buch, das jeden Bergfreund der auchWötzel-ueber die Berge zu mir selbst noch ein zweites Leben in der realen (Management-)welt hat kräftige Denkanstöße geben wird!

Herr W., wie er sich distanzierend nennt, ist so einer. Deutschlandchef war er. In der Sparte für Firmenverkäufe und -übernahmen der Investmentbank der Gebrüder L., die inzwischen durch Ihre Pleite zu trauriger weltweiter Berühmtheit gelangt ist und ein Erdbeben an den Finanzmärkten ausgelöst hat. Der Rest ist bekannt…. Dass Rudolf Wötzel bereits 2007, als das Investmentbanking noch florierte, den Entschluss fasste seine Karriere an den Nagel zu hängen und sich auf den 1800 Kilometer langen Weg von Salzburg nach Nizza zu begeben um zu sich selbst zu finden und seinem Leben eine neue Richtung zu geben verleiht seinem Werk “Über die Berge zu mir selbst”  zusätzliche Glaubwürdigkeit. Dass er das mit einer Kreditkarte in Goldausführung im Gepäck tat mag mancher kritisieren, aber dafür ist er auch Jahre lang hart am Wind gesegelt. Bis zur körperlichen und psychischen Erschöpfung! Die finanzielle Sorglosigkeit sei ihm gegönnt!

Eindrucksvoll und einfühlsam beschreibt Wötzel in der Ich-Form wie er diesen radikalen Wandel erlebt. Zum Beispiel als er am Ausgangspunkt seiner Tour in der Nähe von Salzburg einsam im Regen auf seinen Wanderbegleiter für die ersten Etappen wartet und ihm in den ersten Stunden in der “Wildnis” doch die Geborgenheit und der Luxus der 5 Sterne Hotels aus seinem anderen Leben zu fehlen scheint. Auch als ihm später ein österreichischer “Tante Emma Laden” Besitzer, fasziniert von seinem Vorhaben in 6 Monaten bis nach Nizza zu wandern, die Müsliriegel die er erstehen wollte schenkt wird klar wie radikal der Schnitt ist den Wötzel hier vollzieht und dokumentiert. Von einer Welt die auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist hin zu den authentischen Werten derer die ihr Tal bisher vielleicht nur selten oder nie verlassen haben.

Wötzel’s Buch lebt von einem sehr blumigen und einfühlsamen Erzählstil und vor allem von den Gegensätzen und Parallelen, die er immer wieder zwischen den Welten zieht, zum Beispiel wenn er beschreibt wie unvorstellbar es für Ihn war auch nur einen Euro aufzugeben, während die Krämerseele ihm gleich mehrere Euros in Form von Proviant schenken möchte. Im Laufe der Wanderung erkennt er, dass er auch in den Bergen nicht von einem Drang zur Spitzenleistung lassen kann. Die erbringt er dann bei der Ersteigung von 129 teilweise durchaus anspruchsvollen Gipfeln. Oft  mit Unterstützung durch Bergführer, was aber die Erkenntnis, dass die programmierten Grundmuster wie Leistungsorientierung auch in einem neuen Umfeld immer wieder durchbrechen nicht schmälert. Gipfelglück statt Rekordrendite… Symptomverschiebung nennen das die Psychologen.

Wötzel’s Werk ist in jedem Fall ein inspirierendes und lesenswertes Buch, das dem Manager wie dem Bergfreund jede Menge Denkanstöße geben wird! Egal ob er oder sie sich auf dem Weg zu sich selbst, oder nur auf der Suche nach einer anregenden Urlaubslektüre befindet.

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Ein Kommentar zu “Mit Herrn W. von Salzburg nach Nizza. Oder wie Berge Orientierung geben.”

  1. Michaelum 19:41

    Ich habe das Buch im Urlaub gelesen und kann die Rezension nur bestätigen. Es ist ein sehr inspirierendes Buch, das zum Nachdenken anregt. Gelungen finde ich die Rückblenden, die im Laufe der Erzählung die Persönlichkeit und die Beweggründe des Autors näher beleuchten.

    Ein ganz großes Gewicht liegt natürlich auf den Bergtouren, die Rudolf Wötzel begeistern, und die streckenweise auch sehr spannend sind.

    Auch seine ausführlichen Schilderungen der Speisen sind recht vielsagend…

    Seine Liebe zu den Bergen und zum Essen verbindet er nun perfekt in einem Bergrestaurant - besser geht es nicht! Ich wünsche ihm viel Erfolg!

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