Über Walserpfade unterwegs zur Alm auf der die Schafe fliegen können

Pressereise Aostatal 09_2025_323

Unser Ziel ist diesmal die kleinste Region Italiens - das Aostatal. Es bietet mit seinen 130000 Einwohnern und 13 Seitentälern allerdings eine wesentlich größere Vielfalt an bergsportlichen und kulinarischen Möglichkeiten als man von einer “kleinsten Region” erwarten würde. So fällt es uns dann auch schwer zu entscheiden, welche Tour wir als erstes machen sollten und welche der vielen kulinarischen Boxenstopps wir dabei favorisieren sollten. Dann aber hörten wir von dieser Alm mit dem fliegenden Schaf. Wenn das kein Versprechen ist!

pressereise aostatal 09 2025 325 thumb1 Über Walserpfade unterwegs zur Alm auf der die Schafe fliegen könnenAlso auf ins obere Val d’ Ayas! Eines der 13 Täler und sicher eines mit einem der spektakulärsten Talschlüsse. Land, das die Walser ab Ende des 12. Jahrhunderts aus dem Wallis kommend besiedelten und in dem der Monte Rosa mit seiner vergletscherten Südseite zum greifen nah scheint. Noch heute reihen sich fünf pitoreske Walserdörfer, wie eine Perlenschnur am Hang über pressereise aostatal 09 2025 335 thumb Über Walserpfade unterwegs zur Alm auf der die Schafe fliegen könnenSaint Jacques, dem hintersten Dorf im Tal, aneinander. Wir aber hatten fliegende Schafe und kulinarische Köstlichkeiten im Sinn, als wir nach einem nächtlichen Regen in Saint Jacques mit seinen schönen steingedeckten Häusern ankommen. Der Monte Rosa macht sich wetterbedingt rar als wir über saftige Wiesen den rechten Talhang hinaufsteigen. Wie ein Natursteinmosaik sieht das kleine Dorf von oben aus. Ein typischer Anblick in den Aosta”tälern”. Im Aufstieg gewinnen wir auch schnell spannende Einblicke in die typische Walserarchitektur, die mit ihren sonnengegerbten Holzfassaden die

Monte-Rosa-Gletscher-Moräne

Gedanken zurück ins 12. Jahrhundert schweifen läßt. Ein hartes Leben, auf in der Regel drei Etagen, war das wohl damals. Unten das Vieh, quasi als Fußbodenheizung, darüber der Mansch und ganz oben, durch Stelzen, die auf großen kreisrunden Steinplatten stehen, die dadurch gut gegen gefräßige Schädlinge abgesicherten (über-)lebenswichtigen Vorräte.
Über den Weiler Les Droles mit seinen ebenfalls charakteristischen Steinhäusern geht es bergan. Aosta-Ayas-AlmDurch lichten Bergwald schlängeln wir uns auf uralten Walserpfaden immer weiter empor. Leider versteckt sich das 100000$ Monte Rosa Panorama noch immer hinter den Restwolken der verregneten Nacht. Lediglich eine gewaltige Endmoräne einer der vielen Gletscherzungen des Monte Rosa ist zu sehen und lässt die gewaltigen DimensioPressereise Aostatal 09_2025_387nen erahnen, die der Gletscher einst hatte. So erzählt uns dann auch Marco, unser lokalen Begleiter, in leicht wehmütigem Ton, dass er sich noch erinnert, wie der Gletscher vor 20 Jahren noch bis zum Ende der Moräne hinabreichte.

Über herrliche, mit großen Felsblöcken durchsetzte Wiesen nähern wir uns schon der nächsten außergewöhnlichen Sehenswürdigkeit, der Ru Courtaud, einem ca. 18 Kilometer langen künstlich angelegten Wasserlauf. Ab 1433 haben sich hier die Talbewohner den Wasserreichtum der Gletscherflächen im Talschluss zu nutze gemacht um die trockenen unteren Talregionen nutzbar zu machen. Dieses eindrucksvolle Bauwerk bietet heute die besten Voraussetzungen für eine herrliche Hangwanderung die uns mit nur minimalen Höhenunterschieden weiter talauswärts führt.

Ayas-La-TchavanaDurch lichten Bergwald lassen wir den Blick auf die andere Talseite mit den Walserweilern schweifen, bis sich eine schier endlose Weidefläche vor uns auftut. Zwischen den letzten Bäumen erkennen wir Almgebäude. Nur im Luftraum darüber ist nichts von fliegenden Schafen zu sehen! Also  steigen wir die letzten Meter über die saftigen Wiesen hoch um dem Geheimnis auf den Grund zu gehen.

La-Tchavana-Val-AyasOben angekommen, geht uns sofort das Herz auf. An diesem Logenplatz mit Blick über fast das ganze Ayas Tal hat Roberto Bagnod den Agritourismo La Tchavana erschaffen, der nicht nur eine einzigartige nachhaltige Kreislaufwirtschaft betreibt, sondern auch eines der kulinarischen Highlights der Region ist. Ein Kraftort in gleich mehrfacher Hinsicht!

Pressereise Aostatal 09_2025_444Wir werden bereits erwartet. Von Luca dem “Chef vom Dienst”, der nur so sprüht vor Liebe für das was er hier tut. Das wird sofort klar, als er uns das Konzept der Alm erklärt und beschreibt, wie hier nichts ungenutzt bleibt La-Tchavana-Aostaund nichts weggeworfen wird. Bei den Ausscheidungen der Tiere angefangen, die in Biogas und damit Energie für die Eigennutzung verwandelt werden, über die Nutzung frischer Wiesenkräuter für die, wie sich noch zeigen sollte, hervorragende Küche, bis hin zur abendlichen Verfütterung der täglich bei der Käseherstellung entstehenden Molke an die hauseigenen Schweine. Oder wie Luca es ausdrückte: “The pigs are happy every evening!”

Auf welchem Nivieau hier Lebensmittel produziert werden, wird schon bei der Begrüßung klar. Luca verwöhnt uns mit einer einzigartigen Kombination aus hausgebackenem Brot und einer Schafsbutter die an Sahnigkeit und Aroma nicht zu überbieten ist. Butterbrot! Und zwar La-Tchavana-Val-Ayas-Aostaeines das lange in Erinnerung bleiben wird! Der Spumante des Hauses, den wir dazu verkosten wird zwar nicht auf La Tchavana produziert, kommt aber doch aus gleichem Hause. Roberto Bagnod, der Patron, hat ein “”Agriimperium” das sich über halb Norditalien erstreckt erschaffen. Da gibt es Landhotels, eigene Reisfelder in der Lombardei, ein Weingut im Piemont und eben Cellagrande am Lago di Viverone, ein ehemaliges Kloster aus dem 12. Jahrhundert, in dem heute unter anderem der Schaumwein erzeugt wird. Alles greift ineinander und so kommt der sensationelle Spumante auf die Alm. Bei so einem Empfang fällt es nicht schwer an diesem herrlichen Ort Wurzeln zu schlagen. Die Gefahr ist groß, dass wir den restlichen Nachmittag bei Schafsbutter, Spumante und bestem Bergpanorama “vertrödeln”.

La-Tchavana-Val-Aosta

Doch Luca ruft zur Ordnung und in die gemütliche Gaststube. Zur Verkostung all dessen was die Alm hervorbringt.  Und plötzlich löst sich beim Blick auf das Logo des Hauses auch das Rätsel mit den fliegenden Schafen!

Ayas-La-Tchavana-LogoBereits die Wurst- und Käseauswahl zum Start hat es in sich. Das Trockenfleisch und der Lardo, ein in Steintrögen mit Salz und Bergkräutern über mehrere Wochen eingelegter Speck, sind eine geschmackliche Sensation. Die Käseauswahl mit Fontina, dem berühmten Käse, der nur im Aostatal produziert wird und Toma, alles in verschiedenen Reifegraden und Aromen, macht klar, dass Luca und Team hier auf höchstem Niveau produzieren. So werden die Tiere morgens und abends gemolken, der Fontina aber wird immer nur aus der Milch einer Melkung hergestellt, da unterschiedliche StandorteLa-Tchavana-Aostatal der Tiere auf den Morgen- und Abendweiden unterschiedliche Kräuteraromen hervorbringen. Das ist dann schon die hohe Schule der Käserei! Welche Fleischqualität diese Wiesen hervorbringen erleben wir dann beim Hauptgang mit wunderbarem Lamm- und Salsiccia Ragout das von cremiger Polenta begleitet wird.

La-Tchavana-Aosta-FontinaDoch dann drängt Luca mit dem unwiderstehlichen Charme eines “Überzeugungstäters” zum Aufbruch. Er möchte uns das “Allerheiligste” von La Tchavana zeigen, den Reifekeller für den Käse. Wir steigen hinab in eine “Hochregallager” La-Tchavana-Aosta-1voller Köstlichkeiten. Auf Temperatur gehalten von einem kleinen Wasserfall reifen hier die Schätze aus Kuh- und Schafmilch. Es ist der höchstgelegene ganzjährig bewirtschaftete Käsekeller Europas (2200m). Luca sprüht vor Leidenschaft, als er von den Details der Käseherstellung und der Kunst immer wieder neue Geschmacksvarianten zu erzeugen erzählt. Da wundert es uns nicht, dass er noch ein ganz spezielle Schmankerl für uns auf Lager hat. Seine Schafsmilcheisdiele! Etwas ungläubig wählen wir unsere Lieblingssorten aus und schmelzen dahin, als wir sie mit Blick über das Val d’ Ayas genießen.

Da fallen Abschied und Abstieg hinunter nach Champoluc schwer. Aber wir haben im Hofladen einige der Köstlichkeiten erstanden, auf dass sie die Sehnsucht nach den fliegenden Schafen mildern, wenn wir wieder im Tal angekommen sind.

Ayas-ChampolucBonustipp: Wer die ganze kulinarische Vielfalt des Aostatals erkunden möchte, wird bei Cofruits, einer Kooperative der Apfelbauern der Gegend fündig. Die betreibt vier Läden, man könnte auch sagen Genußtempel, und vertreibt dort die ganze Bandbreite der kulinarischen Erzeugnisse dieses “gelobten” Landstrichs auf der Südseite von Mont Blanc, Monte Rosa und Matterhorn!

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...

Geschrieben von Michael | Abgelegt unter Italien, Täler |