Wo ist die beste Aussichtsloge über dem Lago Maggiore? Das Alpetto di Caviano kommt sicher in die engere Auswahl!
Zugegeben, der Panoramablick auf den Lago Maggiore und die Tessiner Alpen ist in der Regel immer ein Traum. Diesmal aber wollten wir uns eine neu Perspektive von den grünen Bergen auf der alpinistisch eher “benachteiligten” Ostseite des Sees gönnen. Und mit dem wunderschön gelegenen und liebevoll hergerichteten Alpetto di Caviano sind wir auch prompt fündig geworden. Schon das Dörfchen Caviano, das einhundert Meter über der Straße am Ostufer, gegenüber den Brissago Inseln trohnt, stimmt uns auf eine eindrucksvolle Tour in mediterran geprägtem Ambiente ein. Die engen verwinkelten Gässchen des auf 300m gelegenen Ortes laden zum verweilen ein. Und wenn es nicht gerade acht Uhr morgens gewesen wäre, wären wir auch sicher nicht ohne kulinarischen Boxenstopp an der schönen Aussichtsterrasse des örtlichen Ristorante vorbeigekommen. So aber beginnen wir umgehend den 1000 Meter Aufstieg, zunächst durch die steilen Gässchen von Caviano. Oben erwartet uns ja schließlich ein Tessiner Traumpanorama! Die Namen der Häuser sind Programm. Wo eine “Casa La Palma” steht lassen auch palmengesäumte Wege nicht lange auf sich warten! Die Palmen werden schnell zu Buchen und sorgen dafür, dass wir beim steilen Aufstieg über die toll angelegte Mulattiera aus Gneis nicht noch mehr ins Schwitzen geraten als ohnehin schon. Die Qualität und die Breite dieses mit großen Steinblöcken gepflasterten Weges deutet einmal mehr klar darauf hin, dass er früher die Lebensader einer wichtigen Almsiedlung war. Und genau so ist es auch im Falle des Almdörfchens auf den Monti di Caviano, das wir nach eineinhalb Stunden steilen Aufstiegs erreichen. Hier öffnet sich der Wald. Der Wanderer betritt eine eindrucksvolle Anlage von akkurat gestuften Wiesenterrassen, die einen herrlichen Blick auf das Schweizer Becken des Lago Maggiore und die dahinter liegenden Tessiner Alpen freigeben. Die etwa 30 Häuschen der in einer Wiesensenke gelegenen Siedlung Cento Campi (Hundert Äcker, der Name ist auch hier wieder Programm!) werden zwar fast ausnahmslos als Wochendenquartiere genutzt, ohne dabei aber ihren Charme verloren zu haben. Und die Lage macht, wie immer bei Immobilien, den Unterschied! Im Weiler gibt es ein interessantes Relikt der Tessiner Baukultur zu sehen. Eine mit Roggenstroh gedeckte Hütte die, schön restauriert, einen Einblick in diese für das Tessin heute ungewöhnliche Art der Dachkonstruktion liefert. Die Granitdächer sind hinreichend bekannt. Hier hingegen lässt sich noch “architektonisches Neuland” entdecken, das allerdings am oberen Lago Maggiore früher weit verbreitet war und heutzutage nur noch in Cento Campi zu bewundern ist.
Immer eindrucksvoller wird der Blick, je höher man steigt. Die Brissago Inseln “schwimmen” im tiefblauen See fast tausend Meter unter uns und darüber trohnt der Gridone, einer der schönsten Aussichtsgipfel des Tessin! Über eine steile Wiese hinauf geht es schließlich die letzten Meter empor zu den beiden Hütten des auf 1255 Metern gelegenen Alpetto di Caviano. Schon die gepflegte Außenanlage, mit Holztisch und Bänken, lässt für das Innere nur Gutes erwarten. Und so ist es dann auch. Schön renoviert und liebevoll ausgestattet, bis hin zum offenen Kamin, fehlt es hier dem Wanderer an nichts was man für eine eindrucksvolle Selbstversorgerübernachtung mit Lago Maggiore Blick benötigt.
Die Panoramaterrasse vor den beiden Alphütten ist einer dieser Kraftorte, von dem sich loszureißen gar nicht so einfach ist. Das gilt insbesondere dann, wenn sich bei gutem Wetter, beim Blick über die zum greifen nahe italienische Grenze südlich des Gridone, das sensationelle Panorama der vergletscherten Monte Rosa Ostwand am Horizont auftut.