Was hat eine Kirche auf einer Bergseite zu suchen? Bei der vom Tessiner Stararchitekt Mario Botta entworfenen Chiesa di San Giovanni Battista in Mogno im Val Lavizzara erschließt sich die Antwort schnell, wenn man sich diesem einmaligen Bauwerk zu Fuß nähert. In wohl keiner anderen Kulisse als zwischen den steilen Granitwänden des hinteren Maggia Tals und umgeben von den typischen Tessiner Rustici des Weilers Mogno käme dieser Sakralbau so zur Geltung wie an diesem Ort in den Tessiner Bergen. Auch dass dieses Kunstwerk hier entstand ist letztlich den Naturgewalten des Gebirges geschuldet. Denn Mogno besaß ja schon seit 1626 eine stattliche Kirche, allerdings nur bis zum 25. April 1986. An diesem Tag verwüstete eine Fließlawine ein gutes Dutzend Häuser. Auch das Gotteshaus blieb nicht verschont. Da der Weiler im Winter in der Regel unbewohnt ist, gab es glücklicherweise keine menschlichen Opfer.
Was dann folgte spaltete die Gemüter. Mario Botta, ein Tessiner Architekt von Weltruhm, der inzwischen bereits ein gutes Dutzend Kirchen gebaut hat, wurde gebeten ein Konzept für die Wiederauferstehung der Kirche zu entwickeln. Was schließlich entstand nennen die einen ein geniales Meisterwerk, während die anderen von einer unnötigen Zumutung und einer Provokation sprechen. So wundert es nicht, dass sich die Projektierungsphase von 1986 bis 1992 hinzog und von vielerlei Diskussionen und Protesten begleitet war. Seit 1998 ist er nun allerdings schon fertiggestellt, dieser Kraftort in den Tessiner Bergen.
Botta sagt selbst: “Meine Bauten entsprechen in ihrer kompakten Form wahrscheinlich dem Bedürfnis des Menschen nach Geborgenheit, einem Gefühl, das in unserer heutigen Welt, in der der Alltag immer härter wird, wieder eine der wichtigsten Anforderungen an Architektur ist.” Und dieses Zitat findet in Mogno seine Erfüllung. Der elliptische Bau, der von außen eher wie ein perfekter Zylinder wirkt, strahlt mit seinen streng symmetrischen Mustern aus grauem Riveo Granit und weißem Peccia Marmor eine eigenartige Ruhe aus. Nichts lenkt den Besucher im Inneren ab. Und das filigrane Glasdach sorgt für Lichtspiele die schon fast hypnotische Wirkung haben. Diese grau-weiss gestreifte Stille ist das perfekte Ambiente um nach einer schönen und anstrengenden Bergtour innezuhalten und die “regenerativen Kräfte” auf sich wirken zu lassen, oder aber um über die zerstörerischen Kräfte die diese herrliche Landschaft zuweilen entfalten kann nachzudenken. Und früher oder später lenkt das Glasdach dann die Aufmerksamkeit in Richtung Himmel. Ob Botta das wohl so gewollt hat?
Uns ist nach einer traumhaften Tour zu einem der schönsten Tessiner Bergseen, dem Lago Mognola, eher nach irdischer Linderung. Und die finden wir dann auch ganz schnell im “Grotto mit Whirlpool” im nahen Peccia. Ein Artikel zur Tour von Fusio hinauf zum gut 800 Höhenmeter über Botta’s Meisterwerk gelegen See lesen Sie in Kürze an dieser Stelle.
Hier geht’s zu weiteren Touren rund ums Valle Maggia und im Tessin
Hallo!
ich finde die Architektur Botta`s, es gibt einige Meisterwerke unter anderem in Arosa, geradlinig und von einer schlichten geometrischen Schönheit.
Und eure Berichte sind wie immer von sehr guter Qualität!
Viele Grüße
Dieter
Hallo,
ich bin auf Bottas großartige kleine Kirche durch Feininger Fotografie des Eingangsportales des Stralsunder Doms (1929) aufmerksam geworden.
Ein Zitat?
Egal.
Beides meisterliche Gebäude.
Danke für die Fotos
beste Grüße
Barbara
Der abgekappte Silo Bottas zerstörte das historische Dorf ein zweites mal. Aussen streng puristisch modern, innen Neo-Romanik mit Glasdach - für jeden Geschmack was dabei. Gemessen am idyllischen kleinteiligen und rustikalen Bauerndorf ein gigantischer Klotz, der auch die harmonische Naturlandschaft stört. Des Architekten Wille ist sein Himmelreich, und wenn auch das Dorfbild kaputt geht. Warum wurde die schöne alte Kirche von 1636 nicht wieder aufgebaut und der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt? Weil die heutige Kirche immer den Modernisten frönt. Man besucht als Tourist das “Meisterwerk” und ruht sich dann abends im Herrgottswinkel eines Alpenhotels mit Zirbelholzverzierungen und Zithermusik aus. Wie verlogen ist die moderne Gesellschaft doch.
Kirchen braucht es eigentlich nicht. Es steht nirgendwo geschrieben, daß für einen “Gottesdienst” eine Kirche nötig ist. Botta hat es Geschafft die Kirche auf ein Gefühl der Geborgenheit und Verbundenheit mit allem zu reduzieren. Die Kirche des Täufers sollte nicht Ausgrenzen und schwarz/weiss malen, sondern uns einladen, das Licht im Schatten zu sehen, dass uns führt. Für mich ist das gelungen.
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