Biancograt, Piz Bernina und Val Roseg: Panorama Deluxe auf dem Weg zur COAZ Hütte.
Ein Weg der starke Nerven erfordert! Nein, nicht etwa wegen alpinistischer Schwierigkeiten, sondern auf Grund der intensiven Eindrücke mit denen uns das herrliche Panorama auf dem Weg von den Oberengadiner Seen zur Coaz Hütte fast im Minutentakt “bombardiert”! Und genau aus diesem Grund sind wir schon zum zweiten Mal auf den Königsetappen des Bernina Trek, der vom Unterengadin in gut einer Woche ins Puschlav führt, unterwegs.
Das Bombardement der Natureindrücke beginnt bereits im Tal. Die erste Nervenprobe haben wir bestanden, als wir trotz des Traumpanoramas der Oberengadiner Seen eben nicht sofort in einem Strandcafe hängenbleiben um bei Engadiner Nusstorte die Kitesurfer auf dem türkisen Silvaplanasee bei ihren halsbrecherischen Manövern zu bestaunen. Nein, wir haben anderes im Sinn! Und so schweben wir mit wunderbarem Blick auf die Seen hinauf zur Mittelstation Murtel der Corvatschbahn und schlendern auf dem breiten Weg hinüber zur Fuorcla Surlej. Entgegen kommen uns bereits die ersten Touristenscharen die die Seilbahnfahrt und den 30 minütigen Weg zur Panoramaterrasse der dort befindlichen Hütte zur Ganztagestour erhoben haben. Da wirken wir mit unseren großen Rucksäcken plötzlich etwas deplatziert, trotz der hochalpinen Umgebung! Aber von unserem früheren Besuch wissen wir, dass sich das bald ändern wird. Der Wanderweg spuckt uns dann auch unvermittelt an einem der schönsten Panoramaplätze der Alpen aus. 180 Grad Traumpanorama mit der berühmten Schneeschneide des Biancograt, der ästhetischen Schneekuppe und dem Piz Roseg im Zentrum! Die “Erstbegeher” unter uns scheitern kläglich an dieser “Nervenprobe” und lassen sich direkt auf der Panoramaterrasse der Fuorcla Surlej nieder. Auf die Idee hier zu picknicken wären wir auch ohne das große Schild nicht gekommen, denn die Engadiner Nusstorte ist genial und das Kulinarische sollte auch diesmal wieder nicht zu kurz kommen. Bis hier hin, zur Nusstorte, schaffen es wohl alle die in die Seilbahnfahrt investiert haben. Doch dann wird die Wandererdichte mit jedem
Schritt Richtung Coaz Hütte erfreulicherweise geringer. Und das obwohl sich der Weg gut angelegt und ohne nennenswerte Höhenunterschiede am Hang hoch über dem Val Roseg entlang zieht. Nach 20 Minuten sind wir bis zur Coaz Hütte quasi unter uns. Kein anderer Wanderer lenkt uns ab von den phantastischen Blicken auf das ewige Eis der 4000er auf der gegenüberliegenden Talseite. Auch den vergletscherten Talschluß des Val Roseg haben wir für uns alleine. Was für ein Luxus! Wie ein gigantisches 3D Panorama zieht diese Urlandschaft mit ihren mächtigen Gletschern und deren Hinterlassenschaften, den nicht weniger mächtigen Moränen, über die nächsten Stunden an uns vorbei, oder wir an ihr. Trotz des spannenden 3 D Films der rings um uns abläuft zieht sich der Weg dann doch in die Länge.
Ab dem Moment ab dem die direkt an einer Gletscherzunge gelegene Coaz Hütte mit bloßem Auge zu erkennen ist überschlagen sich die Schätzungen zur Ankunftszeit. Wie man sich bei diesen gigantischen Dimensionen doch irren kann! Aber auch wir sollten ankommen, in dieser architektonisch interessanten Hütte, deren Wurzeln auf das Jahr 1877 zurückgehen, als hier eine Unterkunft für gerade mal 10 Personen stand.
Auf einer Randmoräne gelegen, den Roseg Gletscher zum greifen nahe und mit Blick auf den 500 Meter tiefer gelegenen, erst Mitte des 20. Jahrhunderts entstandenen, graugrünen Lej da Vadret, trohnt der achteckige Bau in grandioser Landschaft auf 2610 m. Und achteckig bedeutet trapezförmige Schlafplätze! Nicht zu Unrecht sagte der Architekt Jakob Eschenmoser bei der Einweihung: "Manche mögen sich vielleicht verwundert haben über eine gewisse Eigenwilligkeit dieser Hütte. Was heute dasteht, ist das Resultat von Bemühungen um eine Hütte für diesen Platz und zu diesem Zweck… Möglicherweise ist die gefasste, gedrungene, fast etwas trutzige Gestalt der neuen Hütte aus einem Wunsch entstanden, ein Symbol zu schaffen, nicht nur für die Geborgenheit des Hüttenbesuchers, sondern auch für das Mass. Wir wollten eine Hütte bauen, die eine Hütte bleibt." Und das ist sie bis heute geblieben. Eine Hütte mit Mass, die eine eigene Behaglichkeit ausstrahlt. Und das intensiviert die Vorfreude auf den Weiterweg zur Tschierva Hütte von dem wir in Kürze hier berichten werden!
..und hier geht es zu den passenden Wanderführern und -karten: