Archiv für die Kategorie 'Lago Maggiore'

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"Ich habe 140 Tage kein Geld in der Hand gehabt!" Die spannende Geschichte einer Überwinterung im Val Grande Nationalpark.

Val Grande Mottac“Die letzte Wildnis der Alpen”, so wird der Nationalpark Val Grande im Hinterland des Lago Maggiore oft bezeichnet. Wir sprachen mit einem der es wissen muss. Tim Shaw ist seit Jahren alleine und als Wanderführer im Park unterwegs. Im letzten Winter erfüllte er sich einen Traum und verbrachte 5 Monate in der Einsamkeit. Völlig auf sich alleine gestellt lernte er die “Wildnis” aus einer ganz anderen Perspektive kennen. Lesen Sie wie es ihm dabei erging!

Magic Mountainzones: Tim, Du bist seit Jahren "hauptberuflich" im Val Grande unterwegs. Wie kamst Du zu dem Entschluss Dich aus einem bürgerlichen Leben zu verabschieden und in die Berge zu gehen?
Val Grande Das war im Frühjahr 2007. Ich kam gerade von zwei Wochen völliger Wildnis im Val Grande zurück und wartete im Mailänder Flughafen auf meinen Flug nach München. Damals frönte ich einem ganz normalen Leben, studierte neben meinem Bürojob BWL und richtete mich auf eine gut bürgerliche Karriere ein. Und dann sah ich all die anderen, wie sie im Anzug und mit Notebook auf dem Schoss dasitzen, und mir wurde bewusst, dass das nicht mein Leben ist. Das ist mir in diesem Augenblick wie Schuppen von den Augen gefallen. Gleich nach meiner Rückkehr leitete ich alle notwendigen Schritte ein, um mit meinem "alten" Leben abzuschließen und den Traum vom Leben in den Bergen zu verwirklichen - was dann nochmal ein ganzes Jahr in Anspruch nahm.
MM: Hast Du es jemals bereut Dich mit Haut und Haaren den Bergen und dem Val Grande zu widmen?
Val Grande Alpe Mottac im Nebel Niemals. Das erste Jahr war zwar sicher nicht leicht, da die Wandergäste nicht von selbst kommen und meine Aufträge sich in durchaus überschaubarem Rahmen hielten. Dazu noch das Einleben in einem fremden Land, das Gewöhnen an eine andere Mentalität und Sprache. Und mich hat ein total verregneter Sommer empfangen - da saß ich schon manchmal in meiner kleinen Wohnung in Mergozzo, draußen prasselte der Regen, das Konto wurde immer leerer, und ich habe mich gefragt: Was hast Du nur getan?! Doch kaum kam die Sonne wieder raus und ich konnte in die Berge ziehen - fast immer allein und unbezahlt - war ich mir meiner Sache wieder ganz sicher. Nur hier fühle ich mich einfach rundum wohl. Übrigens, das mit dem "fremd" in Mergozzo muss ich schon etwas relativieren. Die Gastfreundschaft und Offenheit der Leute ist fantastisch, man hat es mir wirklich leicht gemacht, mich hier einzuleben. Auch die Offiziellen vom Park haben mich ohne jeden Vorbehalt freundlich begrüßt und arbeiten von Anfang an eng mit mir zusammen. Es ist nicht schwer, sich hier schnell wie zu Hause zu fühlen.
MM: Letzten Sommer hast Du Dich entschieden auf der einsamen Alpe Mottac im Val Grande zu überwintern. Wie kam es zu dieser Idee?

Val Grande Alpe Mottac Val Grande Espresso Alpe Mottac: Tim mit Freundin

Die Idee einer Überwinterung hatte ich schon lange. Ich kenne alle Jahreszeiten im Val Grande in- und auswendig, habe schon so viel erlebt während der letzten Jahrzehnte. Nur der Winter war mir immer noch mehr oder weniger unbekannt. Dann wollte ich einfach auch einmal "zu Hause" bleiben und nicht wie alle anderen im November den Park verlassen. Hier ist nun meine Heimat, und ich wollte dieses Heimatgefühl über ein ganzes Jahr haben. Und die Einsamkeit und Abgeschiedenheit: Ich musste damit rechnen, wegen der Lawinengefahr monatelang den Park nicht verlassen zu können und auch für die Außenwelt unerreichbar zu sein, zumindest, wenn es ein ähnlich intensiver Winter wie die letzten Jahre geworden wäre. Das stellte einen ganz besonderen Reiz dar. Als ich dann in einem Gespräch mit den Verantwortlichen des Parks vor zwei Jahren darüber geplaudert habe, haben mir diese die Alpe Mottac vorgeschlagen. Seitdem hat mich der Gedanke nicht mehr losgelassen. Nachdem schließlich absehbar wurde, dass ich letzten Saison ausreichend Aufträge bekam, um mir so eine Auszeit zu leisten, habe ich Nägel mit Köpfen gemacht.
MM: Was waren die eindrucksvollsten Erlebnisse während der Überwinterung und was war am schwierigsten für Dich ?
Val Grande: Tim beim Holztransport Eindrucksvolle Erlebnisse gab es viele. Vor allem die Wettererscheinungen bleiben natürlich in Erinnerung, Schneestürme, Föhnlagen, Kälte, Wärme… Es war ja einer der schneeärmsten und sonnigsten Winter der letzten Jahrzehnte, so dass ich sehr viel unterwegs sein konnte und viele neue Routen entdeckt habe. Viele Kleinigkeiten bleiben einem da im Gedächtnis, zum Beispiel, dass ich endlich einmal einen Hirsch gesehen habe. Und faszinierende Eisfälle. Alles ist einfach ganz anders als im Sommer, alles erstarrt und ist vollkommen ruhig. Aber Schwierigkeiten hatte ich eigentlich überhaupt keine. Womit ich nicht unbedingt gerechnet hatte, waren die vereisten Wege. Oft waren die tiefer gelegenen Bereiche des Parks praktisch unpassierbar. Doch zum Glück hatte ich Steigeisen dabei, so blieb ich auch während den Kälteperioden beweglich. Am härtesten war sicher die Vorbereitung. Sechs Tonnen Holz aus dem 130 Höhenmeter tiefer gelegenen Wald und 250 Kilo Lebensmittel und Ausrüstung vom acht Stunden entfernten Trontano her zu schleppen, das war schon grenzwertig. Aber die fünf Monate im Winter habe ich schlicht und ergreifend genossen. Ich kann mich wirklich an kein ernstzunehmendes Problem erinnern.
MM: Wie bist Du mit der Einsamkeit während dieser langen Zeit auf einer unzugänglichen Hütte umgegangen?
Tim auf Alpe MottacMein kleines Radio war unersetzbar. Auch die Stille war schön, doch diese unendlich erscheinende Geräuschlosigkeit hätte ich wahrscheinlich nach ein paar Wochen nicht mehr ertragen. So hat oft am Abend ein wenig das Radio gedudelt und mich so mit der Außenwelt verbunden. Zudem hat man auf Mottac ja einen schwachen Handyempfang, der zwar nicht zum Telefonieren ausreicht, doch SMS kann man versenden und empfangen. Der Kontakt mit meiner Freundin war so möglich - das war auch sehr wichtig für mich. Ansonsten habe ich die Einsamkeit sehr genossen. Ich habe in den fünf Monaten nur ganz wenige Menschen gesehen und mich so auch an meine Anfangszeiten im Val Grande zurück erinnert gefühlt. Sozusagen konnte ich so noch ein mal erleben, wie es im Val Grande einst gewesen ist, nämlich menschenleer. Das war sehr schön.

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Geschrieben von Michael | Abgelegt unter Italien, Lago Maggiore | 2 Kommentare

Wo ist die beste Aussichtsloge über dem Lago Maggiore? Das Alpetto di Caviano kommt sicher in die engere Auswahl!

Zugegeben, der Panoramablick auf den Lago Maggiore und die Tessiner Alpen ist in der Regel immer ein Traum. Diesmal aber wollten wir uns eine neu Perspektive von den grünen Bergen auf der alpinistisch eher “benachteiligten” Ostseite des Sees gönnen. Und mit dem wunderschön gelegenen und liebevoll hergerichteten Alpetto di Caviano sind wir auch prompt fündig geworden. Alpetto-CavianoSchon das Dörfchen Caviano, das einhundert Meter über der Straße am Ostufer, gegenüber den Brissago Inseln trohnt, stimmt uns auf eine eindrucksvolle Tour in mediterran geprägtem Ambiente ein. Die engen vCaviano-mit-Gridoneerwinkelten Gässchen des auf 300m gelegenen  Ortes laden zum verweilen ein. Und wenn es nicht gerade acht Uhr morgens gewesen wäre, wären wir auch sicher nicht ohne kulinarischen Boxenstopp an der  schönen Aussichtsterrasse des örtlichen Ristorante vorbeigekommen.  So aber beginnen wir umgehend den 1000 Meter Aufstieg, zunächst durch die steilen Gässchen von Caviano. Oben erwartet uns ja schließlich ein Tessiner Traumpanorama! Die Namen der Häuser sind Programm. Wo eineCasa-La-Palma “Casa La Palma” steht lassen auch palmengesäumte Wege nicht lange auf sich warten! Die Palmen werden schnell zu Buchen und sorgen dafür, dass wir beim steilen Aufstieg über die toll angelegte Mulattiera aus Gneis nicht noch mehr ins Schwitzen geraten als ohnehin schon. Die Qualität und die Breite dieses mit großen Steinblöcken gepflasterten Weges deutet einmal mehr klar darauf hin, dass er früher die Lebensader einer wichtigen Almsiedlung war. Und genau so ist es auch im Falle des Almdörfchens auf den Monti di Caviano, das wir Aufstieg-Cavianaonach eineinhalb Stunden steilen Aufstiegs erreichen. Hier öffnet sich der  Wald. Der Wanderer betritt eine eindrucksvolle Anlage von akkurat gestuften Wiesenterrassen, die einen herrlichen Blick auf das Schweizer Becken des Lago Maggiore und die dahinter liegenden Tessiner Alpen freigeben. Die etwa 30 Häuschen der in einer Wiesensenke gelegenen Siedlung Cento Campi (Hundert Äcker, der Name ist auch hier wieder Programm!) werden zwar fast ausnahmslos als Wochendenquartiere genutzt, ohne dabei aber ihren Charme verloren zu haben. Monti-di-Caviano-StrohdaechUnd die Lage macht, wie immer bei Immobilien, den Unterschied! Im Weiler gibt es ein interessantes Relikt der Tessiner Baukultur zu sehen.  Eine mit Roggenstroh gedeckte Hütte die, schön restauriert, einen Einblick in diese für das Tessin heute ungewöhnliche Art der Dachkonstruktion liefert. Die Granitdächer sind hinreichend bekannt. Hier hingegen lässt sich noch “architektonisches Neuland” entdecken, das allerdings am oberen Lago Maggiore früher weit verbreitet war und heutzutage nur noch in Cento Campi zu bewundern ist.

Brissago-InselnImmer eindrucksvoller wird der Blick, je höher man steigt. Die Brissago Inseln “schwimmen” im tiefblauen See fast tausend Meter unter uns und darüber trohnt der Gridone, einer der schönsten  Aussichtsgipfel des Tessin! Über eine steile Wiese hinauf geht es schließlich die letzten Meter empor zu den beiden Hütten des auf 1255 Metern gelegenen Alpetto di Caviano. Schon die gepflegte Außenanlage, mit Holztisch und Bänken, lässt für das Innere nur Gutes erwarten. Und so ist es dann auch. Schön renoviert und liebevoll ausgestattet, bis hin zum offenen Kamin, fehlt es hier dem Wanderer an nichts was man für eine eindrucksvolle Selbstversorgerübernachtung mit Lago Maggiore Blick benötigt.

Apetto-Caviano-Panorama-Nor Apetto-Caviano-Panorama

Die Panoramaterrasse vor den beiden Alphütten ist einer dieser Kraftorte, von dem sich loszureißen gar nicht so einfach ist. Das gilt insbesondere dann, wenn sich bei gutem Wetter, beim Blick über die zum greifen nahe italienische Grenze südlich des Gridone, das sensationelle Panorama der vergletscherten Monte Rosa Ostwand am Horizont auftut.

Erkunden sie das Panorama vom Gipfel des Gridone (Video).

Zu weiteren wunderschönen Touren rund um den Lago Maggiore.

Geschrieben von Michael | Abgelegt unter Hütten, Lago Maggiore, Schweiz, Tessin | Keine Kommentare

Von prähistorischen Spuren über Vogelfängerrelikte bis hin zu Bomben in der Neuzeit: Das Rifugio Alpe Pra im Nationalpark Val Grande.

Alpe-Pra-Ausblick Was für ein magischer Ort! Den Orta See und den Lago Maggiore unter uns, prähistorische Felsgravuren neben uns und ein Rifugio am besten Logenplatz weit und breit hinter uns. Das ist die Alpe Pra im südlichen Val Grande Nationalpark. Ein wahrlich einzigartiger Platz!

Und leicht zu erreichen ist diese Aussichtskanzel auch noch, ganz im Gegensatz zu den meisten Biwaks und Gipfeln in dieser Wildnis im Hinterland des Lago Maggiore. Dafür sorgt eine Mulattiera, die sich kunstvoll angelegt Mulattiera-Cicogna-Alpe-Praden steilen Hang von Cicogna, dem einzigen ganzjährig bewohnten Ort im Nationalpark herauf schlängelt.  Zwei aussichts- und einsichtsreiche Stunden dauert es den schön gepflasterten Weg zu ersteigen. Einsichtsreich auch insbesondere weil wir uns auf einem Sentiero Natura bewegen, der durch altes Kulturland führt. Auch wenn das oft erst auf den zweiten Blick erkennbar ist. Die Hänge hinter Cicogna, die wir im Aufstieg queren, sind fast komplett terrassiert. Eine absolute Notwendigkeit für den Roggenanbau, der hier bis weit ins 19. Jahrhundert das Überleben sicherte. Allerdings hat die Natur eindrücklich bewiesen, wer auf Dauer der Stärkere ist! Noch nicht mal in der Draufsicht vom schönen Bivacco Curgei, wo wir Tage zuvor übernachteten, waren diese Terrassen erkennbar. Erst wenn im Spätherbst das Laub der Kastanienbäume gefallen ist bietet sich ein ganz anderes “Luftbild”. Nun aber sind wir vor Ort! Direkt dran an den kunstvoll aufgeschichteten Trockensteinmauern und mitten drin in den oft nur wenigen Quadratmetern kostbaren Landes, das die Älpler dem Berg abgerungen hatten und das er sich inzwischen wieder geholt hat.

Aber nicht nur vegetarisches boten die Hänge über Cicogna. Auf ca. 920 Metern höhe kommen wir an einem Ort vorbei der als “Il Roccolo” bezeichnet wird. Hier hatte Don Giovanni Battista Benzi, der von 1818 bis 1858 als Pfarrer in Cicogna wirkte eine Vogelfanganlage errichtet, wie man sie insbesondere in Rifugio-Alpe-Prader Lombardei noch oft vorfindet. Ein Roccolo ist ein von mehreren Baum- und Buschreihen umgebener, in der Regel dreistöckiger, Turm. Diese “Fallen” waren an den Flugrouten der Singvögel positioniert. Durch Lockvögel wurden die  gefiederten “Delikatessen” zur Landung animiert um nur kurz danach von den im Turm befindlichen Jägern aufgeschreckt und damit in die zwischen den Büschen verspannten Netzte getrieben zu werden. Der Rest ist selbsterklärend…. Die Singvogeljagd ist auch heute noch vielen Tierschützern ein Dorn im Auge und wurde auch vielerorts längst verboten, so im nahen Tessin bereits seit 1875. Und dennoch war es wohl für Don Giovanni damals eher eine willkommene Aufbesserung des kargen Speisezettels.

Alpe-Pra-PanoramaWeiter oben öffnet sich der Blick und unsere Aufmerksamkeit gilt wieder den Bergen über uns und den Seen unter uns. Was für eine Kombination! Die von einer rechtwinkeligen Mauer eingefasste Aussichtswiese direkt vor dem Rifugio Alpe Pra (in der Regel nur am Wochenende offen; Übernachtung nur Samstag auf Sonntag) bietet ein atemberaubendes Panorama  das von den Borromäischen Inseln über den Orta See bis hin zum Monte Rosa reicht. Letzterer versteckt sich im Westen fotogen hinter dem Grat der Corni di Nibbio. Dass auch unseren Vorfahren die Magie dieses Ortes nicht verborgen blieb ist bei diesem Ausblick nicht weiter verwunderlich. Belegt wird es durch prähistorische Gravuren, die sich auf einem Felsblock nahe den Hütten der verfallenen Alpe etwas unterhalMonte-Rosab des Rifugio Pra befinden.  In der Neuzeit passierte hier weniger rühmliches. Nachdem das Gebäude des heutigen Rifugio Alpe Pra zunächst im Besitz eines Lombardischen Textilindustriellen war ging es nach dessen Tod 1939 in den Besitz der italienischen Gebirgstruppen über um dann im Juni 1944 durch die Deutschen im Rahmen einer gegen Partisanen gerichteten Säuberungsaktion, des Rastrellamento, bombardiert und zerstört zu werden.  Und dennoch ist es schwer sich von diesem Ort loszureißen.

Aber die Höhepunkte dieses Tages sollten noch folgen. Unser Weg führt uns nämlich weiter nach Pogallo und über die Strada Sutermeister zurück nach Cicogna. Und diese “Strada” ist ein “Muss” für jeden Val Grande Aspiranten. Doch dazu in Kürze mehr….

Erfahren Sie mehr über Touren im Val Grande Nationalpark

Der beste Wanderführer und die beste Karte für das Val Grande:

image4 Von prähistorischen Spuren über Vogelfängerrelikte bis hin zu Bomben in der Neuzeit: Das Rifugio Alpe Pra im Nationalpark Val Grande. image5 Von prähistorischen Spuren über Vogelfängerrelikte bis hin zu Bomben in der Neuzeit: Das Rifugio Alpe Pra im Nationalpark Val Grande.
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Geschrieben von Michael | Abgelegt unter Hütten, Italien, Lago Maggiore, Piemont | 2 Kommentare

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